Heute müssten Therapieentscheidungen verstärkt auch psychische und soziale Bedürfnisse des einzelnen Patienten einbeziehen

Der Blick „auf den Patienten in seiner Ganzheitlichkeit“ gehe im Gesundheitssystem verloren, sagt Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Für Kranke könne dies „zu einem ganz fatalen Ergebnis führen“. Bei jeder Therapie, so der G-BA-Vorsitzende, müssten mögliche Nachteile für den Patienten berücksichtigt werden. „Über so etwas muss man Patienten im Detail aufklären“, sagt Hecken.

 

Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet unter anderem darüber, welche Preise Pharmafirmen für Arzneimittel verlangen können. Hecken fordert von den Pharmaherstellern mehr Daten zur Lebensqualität unter einer Therapie mit neuen Medikamenten. Diese Fakten sollen in Zukunft auch häufiger den Preis eines Arzneimittels bestimmen.

 

Der Blick auf den Wert einer medizinischen Behandlung für den Patienten folgt einem Trend zur „wertbasierten Medizin“ in den USA und in Großbritannien. Heute müssten Therapieentscheidungen verstärkt auch psychische und soziale Bedürfnisse des einzelnen Patienten einbeziehen, fordert der britische Arzt Sir Muir Gray gegenüber der ZEIT. „Was bringt es einem strenggläubigen Muslim, dem wir leitliniengemäß die kaputten Knie ersetzen, der sich aber nach dem Eingriff nicht mehr auf den Gebetsteppich knien kann?“