Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen einen syrischen Arzt aus Hessen. Nach Informationen des SPIEGEL verdächtigen die Karlsruher Ermittler den Mann, in seiner Heimat Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben.

Insgesamt vier Zeugen machten gegenüber dem SPIEGEL und dem katarischen Nachrichtensender Al Jazeera im Rahmen einer gemeinsamen Recherche Aussagen über den Mann, der 2015 nach Deutschland kam. Er arbeitet auch hier als Arzt.

Zwei Zeugen werfen dem Mann vor, in seiner Funktion als Arzt im Militärkrankenhaus der syrischen Großstadt Homs vom syrischen Regime festgenommene Männer geschlagen und getreten zu haben. Zudem habe er gemeinsam mit einem Kollegen einem Epilepsiekranken dessen Medikamente zunächst verweigert und ihn dann gezwungen, eine Pille zu schlucken. Nach Einnahme dieser Pille habe sich der Zustand des Epileptikers rapide verschlechtert. Am Folgetag soll der Arzt das Wachpersonal angewiesen haben, den Mann mitzunehmen. Nach Angaben der Zeugen hätten wiederum andere Männer gesehen, wie der Arzt und weitere Männer den Epileptiker zusammengeschlagen hätten, woraufhin er gestorben sei. Die Familie des Epileptikers fand seine Leiche einen Tag nach den beschriebenen Ereignissen mit Hämatomen im Gesicht und Löchern in der Schädeldecke vor.

Zwei ehemalige Ärzte am Militärkrankenhaus sagten, der Mann habe einen eingelieferten Regimegegner absichtlich ohne Betäubung operiert. Zudem habe er einem anderen Mann in den Genital­bereich Alkohol geschüttet und diesen dann angezündet.

Der Beschuldigte ließ über seinen Anwalt mitteilen, dass er sämtliche Vorwürfe bestreite. Er habe als ziviler Angestellter des Militärkrankenhauses keinen Zugang zu Haftanstalten des Regimes gehabt. Zudem sei er in der Unfallchirurgie und Orthopädie tätig gewesen, mithin wären ihm keine Epilepsiepatienten vorgestellt worden. Die Vorwürfe der beiden Ex-Kollegen bezeichnete er als Verleumdungen aus dem radikalislamischen Umfeld. Die beiden Ärzte störe, dass er seinen christlichen Glauben frei lebe. Einer der beiden Ärzte nehme seinem Mandanten übel, dass er sich geweigert habe, islamistische Kämpfer in Feldlazaretten zu behandeln.