Berlin (ots) - Über-65-Jährige nehmen oft mehrere Arzneimittel gleichzeitig und über einen längeren Zeitraum. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit von Wechselwirkungen der Medikamente, was mit hohen Risiken verbunden ist. Mit einem systematischen, flächendeckenden und computergestützten Medikationsmanagement ließen sich solche Risiken, die den Therapieerfolg gefährden, erkennen und vermeiden. Es sollte möglichst rasch umgesetzt und auf die gesundheitspolitische Agenda der nächsten Jahre gesetzt werden, forderte Professor Dr. Marion Schaefer, Leiterin des Masterstudienganges Consumer Health Care an der Berliner Charité, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz der Arbeitsgemeinschaft Gesundheit 65 PLUS (AGG65PLUS) in Berlin.

Die wichtigsten Kriterien, an denen die Behandlung von Erkrankungen mit Arzneimitteln gemessen wird, seien Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit, so Schaefer. Die Vielzahl der Informationen erfordere zwangsläufig ein strukturiertes Vorgehen bei der Analyse der Medikation, damit jeder einzelne Patient möglichst optimal betreut werden könne.

Ein effektives Medikationsmanagement sei ein zeitgemäßes Erfordernis für eine sichere Arzneimitteltherapie, die ein möglichst enges Zusammenwirken von Arzt, Apotheker und Patient voraussetze. Wegen der Fülle und Dynamik der individuell zu berücksichtigenden Daten sei die computergestützte Durchführung unerlässlich.

Zwar seien unterschiedliche Softwarelösungen für die Arzneimitteltherapiesicherheit seit Jahren verfügbar, doch würden sie nur unzureichend eingesetzt. Zudem sollten sie kompatibel sein und sich inhaltlich ergänzen. Zusätzlich bedürfe es einer kritischen Begleitung des Medikationsmanagements, da sich durch den breiten Softwareeinsatz die Art potenzieller Fehler bei der Medikation ändern könne. Wichtige Voraussetzung dafür sei aber, dass die Medikationsdaten der Patienten automatisch in die Computer eingelesen werden könnten, entweder vom Medikationsplan oder von der elektronischen Gesundheitskarte, und für entsprechende Checks auf Interaktionen, Kontraindikation, Compliance/Adhärenz usw. zur Verfügung stehen.

Wie hoch gerade bei Über-65-Jährigen das Potenzial für Probleme durch Arzneimittel ist, zeigen die Daten von Insight Health, einem der führenden Informationsdienstleister im Gesundheitsmarkt. Dr. Hans-Jürgen Schweyda, Leiter Kundenprojekte von Insight Health, unterlegte die Multimedikation im Alter mit Zahlen. Demnach werden den Über-60-Jährigen durchschnittlich mehr als drei Medikamente parallel verordnet, bei Über-80-Jährigen sogar mehr als fünf.

Meist seien an den Verordnungen bei Patienten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit Multimedikation lediglich 1-2 verschiedene Facharztgruppen beteiligt. die am häufigsten verordneten Arzneimittelklassen. Die am häufigsten verordneten Arzneimittelklassen seien Blutdrucksenker, Säureblocker und Lipidregulatoren. Bei Frauen sei die Verordnung von Schmerzmitteln, Psychopharmaka und Schilddrüsenpräparaten deutlich höher als bei Männern. Bei Männern würden dagegen Gerinnungshemmer, Lipidregulatoren, Gichtmittel und Urologika häufiger verordnet.

Schweyda zufolge erhalten 75 Prozent jener Patienten, die im ersten Quartal 2014 mindestens fünf verschiedene Arzneimittel erhielten, auch knapp zwei Jahre danach immer noch mindestens fünf Verordnungen.

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Ewald König
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