Britischer Epidemiologe bezweifelt, dass die Bewohner westlicher Metropolen wie München oder Paris im Falle einer Pandemie eine wochenlange Abriegelung ihrer Städte wie in China hinnehmen würden.

 

Der britische Epidemiologe Jeremy Farrar geht davon aus, dass ein Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus 2019-nCoV zu spät kommen wird, um die drohende globale Ausbreitung der Seuche zu verhindern.

"Realistischerweise wird ein Impfstoff frühestens zum Jahresende fertig oder in einem Jahr - und das wäre schon in Rekordzeit", sagte Farrar dem "Spiegel". Wenn man Pech habe, werde es "niemals gelingen". Der Direktor des Wellcome Trust, einer der weltweit größten Stiftungen zur Unterstützung medizinischer Forschung, hält es für möglich, dass das neuartige Virus nicht wie die frühere Lungenkrankheit SARS nach ein paar Monaten wieder verschwindet, sondern eine ständige Bedrohung bleibt wie die Grippe.

"Es könnte sogar sein, dass das neuartige Coronavirus anders als Influenzaviren nicht nur hauptsächlich saisonal auftritt, sondern das ganze Jahr kursiert", so der Mediziner weiter. Er bezweifelt, dass die Bewohner westlicher Metropolen wie München oder Paris im Falle einer Pandemie eine wochenlange Abriegelung ihrer Städte wie in China hinnehmen würden.

Derartige Einschränkungen der Bürgerrechte "könnten eine hochexplosive Lage schaffen", sagte Farrar dem "Spiegel". Sollte es wirklich zu so einem Worst-Case-Szenario kommen, würde man die Menschen deshalb wohl eher bitten, freiwillig zu Hause zu bleiben. Damit solche freiwilligen Maßnahmen funktionierten, sei es wichtig, dass Politiker und Experten die Bevölkerung "frühzeitig offen, ehrlich und transparent auf einen solchen Ernstfall vorbereiten", so der Epidemiologe.