Deutsche Ärzte wollen bewusstseinsverändernde Substanzen zur Behandlung psychisch Kranker testen.
Wie das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL berichtet, sollen am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) Mannheim und an der Charité Berlin 144 Patienten mit therapieresistenter Depression die von sogenannten Zauberpilzen gebildete Substanz Psilocybin einnehmen. Psychotherapeuten werden die Patienten während des rund sechs Stunden dauernden psychedelischen Trips begleiten, um im Fall von Angstzuständen eingreifen zu können. Die Psychiater hoffen, dass die Erfahrungen, Erlebnisse und Einsichten unter Psilocybin-Einfluss den Patienten helfen, ihre Depression zu überwinden. Es wird der erste derartige Versuch in Deutschland sein.
Psilocybin unterliegt, ebenso wie die ähnlich wirkende synthetisch wirkende Droge LSD, dem Betäubungsmittelgesetz. Besitz und Erwerb dieser halluzinogenen Substanz sind verboten. Nur mit einer Ausnahmegenehmigung darf an ihr geforscht werden.
Studienleiter Gerhard Gründer vom ZI Mannheim hofft, die Zulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bis zum Sommer zu erhalten.
Bis in die Sechzigerjahre wurde die Wirkung von LSD intensiv erforscht. Viele der mehr als tausend wissenschaftlichen Veröffentlichungen befassen sich mit möglichen medizinischen Anwendungen. Nachdem die Droge 1966 in den USA, fünf Jahre später auch in Deutschland verboten wurde, kam die Forschung zum Stillstand. Erst in den vergangenen Jahren ist das wissenschaftliche Interesse wieder erwacht.
Derzeit werden Psychedelika in der Schweiz, in England und den USA unter anderem als Mittel zur Linderung von Todesangst, zur Überwindung von Alkoholsucht und zur Behandlung von Depressiven erprobt. Wegen der weniger lang anhaltenden Wirkung setzen die Ärzte dabei meist Psilocybin statt LSD ein.
Psilocybin und LSD gelten nicht als abhängig machend. »Anders als suchterzeugende Drogen sprechen diese Substanzen nicht das Belohnungssystem im Gehirn an«, sagte Studienleiter Gründer dem SPIEGEL. Auch toxische Wirkungen sind nicht bekannt.
Allerdings könnte ein psychedelischer Trip Panikattacken oder sogar nachhaltige Psychosen auslösen. Deshalb wird die Behandlung der Patienten in Mannheim und Berlin psychotherapeutisch beaufsichtigt. Psychose-gefährdete Menschen sollen von der Studie ausgeschlossen sein.