Vor allem Frauen und Teilzeitbeschäftigte fühlen sich genötigt, so schnell wie möglich zur Arbeit zurückzukehren. Sie bleiben zwar bei Grippe und Co. zu Hause, kurieren sich aber nicht vollständig aus.
Bei leichten Erkrankungen schleppen sich die Arbeitnehmer noch oft ins Büro oder den Betrieb. Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Umfrage der pronova BKK.
Die Mehrheit der deutschen Arbeitnehmer ignoriert die Warnsignale des Körpers. Bei vergleichsweise leichten Beschwerden wie Rückenschmerzen, einer Erkältung oder Magenproblemen erscheinen die Bundesbürgerinnen und -bürger trotzdem am Arbeitsplatz. 57 Prozent der Befragten gehen mit Rückenschmerzen zum Job. Jeden Zweiten hält auch eine leichte Erkältung mit Husten und Schnupfen oder Magen-Darm-Beschwerden nicht von der vermeintlichen Pflichterfüllung ab. Mit Heuschnupfen und anderen Allergien sind 44 Prozent noch im Job. Selbst mit einem ansteckenden Infekt fühlen sich noch 22 Prozent arbeitsfähig und holen sich keine Krankschreibung. 16 Prozent sind selbst mit einer Grippe mit Fieber oder einer Bronchitis nicht an der Arbeit zu hindern.
"Wenn der Körper mit Fieber gegen Viren oder Bakterien kämpft, braucht er Ruhe, sonst dauert die Erkrankung nur länger. Leichtes Fieber mit Medikamenten zu unterdrücken, ist nicht ratsam", sagt Dr. Gerd Herold, Beratungsarzt der pronova BKK. "Wenn Mitarbeitende trotz Fieber zur Arbeit kommen, erleichtert das die Verbreitung einer Grippe. Kollegen können sich über Tröpfcheninfektion beim Husten, aber auch über Türklinken, Telefonhörer und Treppengeländer anstecken. Schon nach zwei Tagen kann die halbe Abteilung mit ersten Symptomen rechnen."
Plötzlich auftretende Beschwerden sind oft Grippe
Während es bei leichten Erkältungen oft tatsächlich Ermessenssache ist, ob der Patient noch zur Arbeit gehen kann oder lieber im Bett bleiben sollte, ist bei Grippe die Entscheidung klar. Der Unterschied zwischen einer Erkältung und einer im schlimmsten Fall lebensbedrohlichen Grippe ist häufig daran auszumachen, dass eine Erkältung schleichend mit Schnupfen und dergleichen anfängt. Typisch für eine Grippe ist ein plötzlicher Beginn mit Kopf- und Gliederschmerzen, trockenem Husten und Fieber. Nach fünf bis sieben Tagen zu Hause ist die Grippe oft überstanden.
Besonders fatal: zu schnell zurückkommen
Selbst diejenigen, die bei Grippe, Bronchitis und starker Erkältung zu Hause bleiben, haben dabei noch ein schlechtes Gewissen. 62 Prozent fühlen sich schlecht dabei, ihrem Arbeitgeber eine Krankmeldung zu übergeben. Unter den weiblichen Beschäftigten sind sogar 72 Prozent von Schuldgefühlen geplagt. Die fatale Folge: Die Zuhausegebliebenen kehren schneller zum Arbeitsplatz zurück, als sie sollten. 35 Prozent kurieren Grippe und Bronchitis nicht vollständig aus, sondern warten nur ab, bis die schlimmsten Symptome verschwunden sind. 26 Prozent sind bei einem ansteckenden Infekt zu schnell wieder am Schreibtisch.
"Eine vollständige Genesung braucht ihre Zeit", sagt Dr. Herold von der pronova BKK. "Eine zu frühe Rückkehr hilft auch den Kollegen nicht und macht einen Rückfall wahrscheinlicher."
Frauen und Teilzeitkräfte fühlen besonders viel Druck
Vor allem Frauen und Teilzeitkräfte haben das Gefühl, nicht zu lange fehlen zu dürfen. Weibliche Arbeitnehmer sind auch häufiger unter den Kollegen mit reduzierter Stundenzahl zu finden. 66 Prozent der Frauen und 65 Prozent der Teilzeitkräfte gehen trotz Rückenschmerzen zur Arbeit. 53 Prozent der Frauen und 54 Prozent der Teilzeitkräfte sind mit einer Erkältung oder Durchfall am Arbeitsplatz zu finden.
Viele teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen haben das Gefühl, dass bei ihnen stärker hingeschaut wird als bei ihren männlichen Kollegen. Diesen Eindruck sollten Arbeitgeber erst gar nicht aufkommen lassen,", sagt Lutz Kaiser, Vorstand der pronova BKK. 21 Prozent der Menschen in Deutschland bemängeln laut Studie eine schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Zur Studie
Die Studie "Betriebliches Gesundheitsmanagement 2018" wurde im Auftrag der pronova BKK nach 2016 im Februar 2018 erneut durchgeführt. Dafür wurden bundesweit 1.650 Arbeitnehmer im Rahmen einer Onlinebefragung repräsentativ befragt.