Wer immer über Ernährung liest, stößt bald auf diese angebliche Weisheit des Hipokrates, dass Lebensmittel in Wahrheit Heilmittel seien oder es sein sollten.

Hippokrates, der große Arzt der Antike (460 – 377 v.Chr.), hat gesagt:

„Eure Nahrung sei eure Medizin und eure Medizin sei eure Nahrung.“

Die Medizin, an die wir in überwältigender Mehrheit fest glauben wollen, soll uns bekanntlich von allen Schäden an Körper, Geist und Gemüt freimachen. Wenn Nahrung also Medizin ist, kann sie es wirklich richten, dass mit ihr alle Hindernisse für ein gesundes und glückliches, eben ein erfülltes Leben aus dem Weg geräumt werden? So einfach ist es nicht.

Wer immer über Ernährung liest, stößt bald auf diese angebliche Weisheit des Hipokrates, dass Lebensmittel in Wahrheit Heilmittel seien oder es sein sollten. Offensichtlich soll der Satz provozieren, denn dass er einfach falsch ist, weiß doch jeder Mensch. Auch der Gesetzgeber trennt da sehr genau. Alle Stoffe, die im Körper besondere Wirkungen auslösen können, sind Heilmittel – mit Ausnahme allerdings gerade der Lebensmittel!

 

Eine kleine Besonderheit gibt es nach den Arzneimittelgesetzen. Preist ein Hersteller oder Vertreiber eines Lebensmittels dieses wie eine Arznei an, wird die Zulassung seiner Waren nach den im Vergleich zum Lebensmittelrecht strengereren Regeln des Arzneimttelrechts beurteilt. Nichts ist also damit, dass Nahrungmittel Heilmittel wären!

Dass unsere Nahrung bei richtiger Nutzung uns dagegen gesund hält und im Krankheitsfall auch gesund machen oder zur Gesundung beitragen kann, haben wir schon immer gewusst. Die Lösung des scheinbaren Widerspruchs liegt in der Erkenntnis, dass nicht alles was heilt, auch ein Heilmittel ist. Hippokrates wird ständig falsch verstanden, weil man seine Rede nur wörtlich nimmt. Die Zusammenhänge werden ganz klar, wenn man von der Negativdefinition, dass Wirkstoffe keine Heilmittel sind, wenn sie Lebensmittel sind, absieht und positiv definiert, was Lebensmittel sind.

Positiv definiert versorgen uns Lebensmittel mit allen für die Aufrechterhaltung unserer Lebenssysteme benötigten  Energie- und Funktionsstoffen. Damit halten sie uns natürlich Krankheiten fern, die gerade durch mangelhafte Versorgung aufkommen, sei es, dass die Nahrung inhaltlich nicht reicht oder dass wir sie falsch behandeln und zur Unzeit verzehren. Keine Medizin taugt als Ersatz für lebensnotwendige Nahrung, sie kann da allenfalls an Symptomen der durch Unterversorgung entstandenen Störungen ansetzen. Das ist der tiefere Sinn des Hippokrates-Wortes, das aus Gründen der wirklich gemeinten sinnhaften Aussage nicht wörtlich, sondern „contra legem“, d.h. gegen ihren Wortlaut, ausgelegt werden muss.

Das Nachdenken über den Satz des Hippokrates führt zu einer wichtigen Einsicht, um die allein es diesem großen Denker und Arzt gewiss gegangen ist. Die richtige Versorgung mit Lebensmitteln, auch wenn diese keine Heilmittel sind, tut in der großen Masse der Fälle sehr viel mehr Gutes in den Fragen der Kranheitsprävention als jede Medizin. Das gilt - mit Einschränkungen - auch in den Fragen der Linderung und Beseitigung von Krankheiten. Wer gut versorgt ist, ist eben besser dran!

Hier aber die Einschränkung: Arzneimittel haben ihre sehr speziellen besonderen Funktionen, wenn sich gesundheitliche Störungen einmal manifestiert haben, gleich welches die Ursachen sind. Selbst wenn Fehlversorgungen der entscheidende Grund für die Störugen sind, kann meistens die Umstellung auf die bessere Versorgung allein nicht die einmal eingetretenen Schäden beseitigen. Sobald Krankheiten schädliche Veränderungen unserer Systeme bewirkt haben, muss eine Therapie, ggf. auch ein Arzneimittel, gefunden werden, das dies Veränderungen rückgängig macht.

So haben beide, Lebensmittel wie auch Heilmittel, ihre ganz eigene Funktion und müssen nicht begrifflich immer wieder durcheinander geworfen werden.